Vierter Ursel-Garten: Adenauerallee wird biodivers mit naturnahem Blühstreifen


Aus „Grün“ soll „Bunt“ werden, aber dafür wird es zunächst einmal „Braun“: Vergangenes Wochenende haben die Vorarbeiten für einen naturnahen Blühstreifen entlang des Mäuerchens in der Adenauerallee begonnen. Er soll sich vom unteren Eingang in der Nähe des Bahnhofs bis etwa zur Hälfte erstrecken. Dafür hat Iris Sparwasser mit dem Team ihrer Firma Naturträume die Grasnarbe abgetragen. Mitte Oktober wird gepflanzt und neu ausgesät. Auf diese Weise entsteht der mittlerweile vierte Ursel-Garten im Rahmen des Förderprogramms Zukunft Innenstadt. „Mit naturnahen Grünflächen schaffen wir Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tierarten. Gleichzeitig schaffen wir Räume für Erholung und Entspannung. Die Flächen steigern die Lebensqualität und verbessern das Stadtklima. Wir möchten durch das Anlegen und Pflegen der Ursel-Gärten ein grün-buntes Netz schaffen, das ganz Oberursel durchzieht“, erklärt Bürgermeisterin Antje Runge das Konzept.

Der Name „Ursel-Garten“ steht dabei für ein naturnahes, klimaangepasstes und insektenfreundliches Pflanzkonzept, das sich nach und nach in der Brunnenstadt ausbreiten soll. Dabei werden vorhandene, eher eintönige Grünflächen im Sinne von mehr Biodiversität revitalisiert. Iris Sparwasser hat dafür verschiedene kleine Konzepte entwickelt. Sie selbst ist erfahrene Mitarbeiterin in der Initiative Main.Kinzig.blüht.Netz, eine kreisübergreifende Aktionsgruppe, die sich gemeinsam mit dem dortigen Landschaftspflegeverband für die ökologische Aufwertung zahlreicher Flächen in Siedlungsbereichen einsetzt. Nun rückt sie in der Adenauerallee an, um Samen und Blumenzwiebeln in die Erde zu bringen.

Direkt am Mäuerchen soll ein mehrjähriger blühender Saum etabliert werden und davor, am Weg, ein niedrigerer Kräuter- und Blumenrasen. Die Samen werden einige Zeit brauchen, um sich voll zu entwickeln. In unserer schnelllebigen Welt ist es ungewohnt, den langsamen Rhythmus der Natur zu beobachten. Daher werden in Ursel-Gärten Blumenzwiebeln untergemischt, die sowohl im Frühjahr als auch im Herbst für einen Blüheffekt sorgen.

Die ausgesäten Wildpflanzen sind möglichst naturnah und sollen Nahrung und Heimat für Schmetterling, Biene und Co. Werden – das, was grüne Rasenflächen eben nicht sind. Ein grüner Rasen ist leider nicht biodivers und genau das braucht es heutzutage mehr denn je. Wir sehen uns weltweit mit einem immensen Insektensterben konfrontiert. Hierzulande gelten 42 Prozent der in den Roten Listen erfassten Insektenarten als bestandsgefährdet, extrem selten oder bereits ausgestorben. Noch dramatischer ist die Abnahme der Biomasse, also die Anzahl der Tiere – hier sind Rückgänge um die 80 Prozent keine Ausnahme. „Eine Welt ohne Insekten hätte drastische ökologische und ökonomische Folgen“, wie beispielsweise das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) auf seiner Webseite warnt. Viele Insektenarten erbringen elementare Ökosystemleistungen. Der Rückgang der Insekten hat damit unmittelbare Auswirkungen auf uns Menschen. Diesem Trend entgegenzusteuern ist eine Gemeinschaftsaufgabe.

Daher wird es in der Adenauerallee eine für unser Auge bisher eher ungewohnte Besonderheit geben: Damit Schmetterling und andere kleine Tierchen nicht nur ihren Hunger stillen, sondern auch eine Kinderstube für ihren Nachwuchs haben, werden abgestorbene Pflanzenteile nicht vor dem Winter entfernt, sondern bleiben bis zu den ersten warmen Tagen des Frühjahrs stehen. Nur so können Larven und Eier in den vertrockneten Blütenkelchen und Stängeln überleben und sich weiterentwickeln. Vielen Menschen ist das Prinzip durch Insektenhotels im Garten bekannt. Hier wird das künstlich nachgebaut, was man sowohl auf öffentlichen als auch auf privaten Grünflächen einfach durch vorübergehendes Nichts-Tun erreicht. Der Bau Service Oberursel (BSO) wird dennoch einen schmalen „Pflegestreifen“ zum Fußweg hin schaffen, also abmähen. Damit soll signalisiert werden, dass die Fläche nicht sich selbst überlassen ist. In den ersten ein bis zwei Jahren ist es zudem notwendig, unerwünschte Pflanzen zu entfernen, damit die eingesäten richtig wachsen können. Der neue Ursel-Garten wird mit bunten Holzschildern kenntlich gemacht. Angebrachte QR-Codes werden auf die städtische Webseite leiten und das Konzept erklären.

Die Alte Leipziger Hallesche (ALH) hat diese Vision übrigens bereits aufgegriffen und wird noch in diesem Monat einen Ursel-Garten gegenüber des Haupteinganges schaffen. „Wir freuen uns sehr über dieses Engagement“, so Antje Runge abschließend.

 

Antje Runge

Bürgermeisterin 


Das Foto (Quelle: Stadt Oberursel) zeigt den Streifen entlang der Adenauerallee in Vorbereitung.